Mikrometeorologischer Messtechnik-Mast (Flux Tower) in Panguana errichtet

ab September 2023, Peru

Eine Einführung von Prof. Dr. Christoph Thomas, Universität Bayreuth, Professur Mikrometeorologie

Der neue Messtechnik-Mast (Flux Tower) im Wald von Panguana; Drohnenfoto: Armin Niessner

Die Flora, Fauna und die Landschaft des Amazonas waren in der Erdgeschichte bereits erheblichen Veränderungen unterworfen, die durch langsame, über viele Jahrmillionen stattfindende natürliche Prozesse getrieben wurden. Dazu zählen Kontinentalverschiebungen, Gebirgsfaltung und damit einhergehende Veränderungen der Temperatur, des Niederschlags und der Luftströmungen.

Diese natürlichen klimatischen Veränderungen werden nun in kürzester Zeit – innerhalb weniger Jahrzehnte und Jahrhunderte – vom Menschen dramatisch überprägt, was ebenfalls Spuren in den Gemeinschaften der Pflanzen, Tiere und dem Antlitz der Landschaft hinterlässt.

Neben lokal wirkenden Veränderungen wie Holzeinschlag und Beweidung ist die Triebfeder vor allem der weltweite rapide Anstieg des Anteils der Treibhausgase wie Kohlenstoffdioxid (CO2) und Methan (CH4) in der Luft, der dramatische Veränderungen in den amazonischen Ökosystemen hervorruft.

Der Regenwald bindet in seiner Biomasse der Pflanzen und Tiere erhebliche Mengen an Kohlenstoffdioxid und wirkt damit dessen Erhöhung in der Luft entgegen, gleichzeitig kühlt und befeuchtet er die Luft durch Verdunstung aus den Blättern.

Durch die weltweit steigenden Temperaturen verändert sich jedoch das Zirkulieren von Kohlenstoff und Wasserdampf im Ökosystem, da vor allem die pflanzlichen Prozesse der Photosynthese und der Atmung, also der Aufnahme und Abgabe von Kohlenstoff über Blätter und Wurzeln auf die Erwärmung und andere klimatische Veränderungen empfindlich reagieren.

Wieviel und wie schnell sich dieses Zirkulieren verändert erforschen wir im Rahmen des neuen Forschungsprojekts in Panguana.

Hier im westlichen Teil des peruanischen Amazonas soll es bis zum Ende des 21. Jahrhunderts wärmer und feuchter werden, wohingegen der östliche brasilianische Teil wärmer und trockener werden soll, so die Vorhersagen aktueller Klimamodelle. Im Osten könnte damit der Regenwald der Savanne weichen und Waldfeuer häufiger werden. Die Teile des Amazonas könnten sich also von einander weg entwickeln.

Blick vom Turm auf Panguanas Regenwald; Foto: Armin Niessner

Mithilfe der mikrometeorologischen Messgeräte auf dem 48m hohen Turm über den Baumkronen des primären Regenwalds in der Schutzzone Panguanas können wir das Zirkulieren von Kohlenstoffdioxid, Wasserdampf und Wärme zwischen Regenwald und Luft hochaufgelöst messen. Das heißt angefangen von Bruchteilen von Sekunden, über Stunden und Tage, hin zu Jahreszeiten und Jahrzehnten.

Dieses Zirkulieren bezeichnen wir als Ökosystemflüsse, da sie in den Wald hinein- und wieder hinausfließen. Wieviel wann und wo von Kohlenstoff, Wasser und Wärme umgesetzt und verbleibt, gibt uns Aufschluss über den Puls und das Atmen des Regenwalds und dessen Beitrag zum Klimasystem Erde.

Das Auswerteverfahren der Messdaten bezeichnen wir als Eddy-Kovarianzmethode in dem Wissenschaftsfeld der Mikrometeorologie, die sich mit den Flüssen und Wechselwirkungen zwischen Luft, Pflanze, Tier und Boden. ‚Eddy‘ steht für Luftwirbel, und ‚Kovarianz‘ für die mathematische Größe, die aussagt, wieviel fließt. Unsere Messstation in Panguana ist Teil des peruanischen Messnetzes ‚AndesFlux‘ entlang der Ostabdachung der Anden, und darüber hinaus reiht es sich in ein weltweites Netzwerk ein, das von den Polaren Gebieten bis in die Tropen an über 700 Stationen diese Auswertetechnik verwendet. Sie ist eine sehr moderne Technik, deren Ergebnisse u.a. zur Modellentwicklung und Überprüfung verwendet wird.

Erste Ergebnisse werden nach dem ersten Jahreszeitenwechsel von Regen- zu Trockenzeit im Juni 2024 erwartet.